Was passiert denn eigentlich in uns, wenn wir trauern?
Warum gerät alles durcheinander in uns wenn wir einen Verlust erleben?
Und warum reagieren wir so unterschiedlich? Wenn ein uns nahestehender Mensch stirbt, erleben wir erstmal einen massiven Schock. Dadurch werden die üblicherweise ablaufenden Prozesse in unserem Gehirn gestört. Betroffen sind dann Bereiche des Gehirns, in dem Vorgänge wie Essen, Schlafen, Atmen, Kreislauf usw. beeinflusst werden, und Bereiche, die die Emotionen und das bewusste Gedächtnis, wie z. B. Zeit und Orientierung regeln.
Durch den Tod eines geliebten Menschen können diese Bereiche aus dem Gleichgewicht geraten, was zur Folge haben kann, daß wir schlechter schlafen, keinen Appetit haben, oder uns krank fühlen. Oder uns fallen Sachen nicht ein die wir normalerweise wissen.
Flucht, Aggression oder Erstarren
Außerdem ist es sehr interessant, daß unser Gehirn auf so ein Ereignis wie auf eine Bedrohung reagiert. Und zwar so, wie es das seit Urzeiten tut. Es reagiert mit Flucht, mit Aggression oder mit Erstarren. Diese Reaktionen können auch abwechselnd auftreten.
Aggressiv reagiert man zum Beispiel oft, wenn einen die Fürsorge von außen wütend macht, obwohl es dafür nicht unbedingt einen Grund gibt. Aggression kann bei Trauer also eine ganz natürliche und hilfreiche Reaktion sein. Sie ist ein urzeitlicher Verteidigungsmechanismus gegen die seelische Erschütterung.
Erstarrung erlebt man indem man sich z.B. schwer tut die alltäglichen Dinge zu tun. Waschen, Essen oder Anziehen werden zu einer großen Herausforderung. Manche Menschen erstarren auch innerlich. Sie empfinden dann eine große innere Leere, die Gefühle sind wie abgeschnitten.
Unser Gehirn macht sich also sozusagen selbstständig, man fühlt sich hilflos, weil man seine Gefühle und Impulse nicht so gut beeinflussen bzw kontrollieren kann wie sonst. Unser Denken und Handeln funktionieren nicht so wie wir es gewohnt sind. Dadurch ist man den Schockreaktionen ziemlich hilflos ausgeliefert. Man ist aggressiv oder wütend obwohl man es gar nicht möchte, oder schafft es nicht seinen Alltag zu bewältigen weil man in der Erstarrung gefangen ist. Gedanken drehen sich im Kreis. Entscheidungen können nur schwer getroffen werden, weil sich alles geändert hat.
Warum Verständnis und Akzeptanz uns hilft
Mit dem Wissen kann man sich selbst ein wenig besser verstehen. Und sich selbst zu verstehen und damit nicht zu verurteilen ist sehr wichtig und hilfreich! Denn wenn man sich selbst Verständnis entgegenbringt, oder auch die Menschen in unserem Umfeld unser Verhalten akzeptieren, produziert unser Gehirn verstärkt die Botenstoffe Dopamin und Serotonin. Diese sorgen dafür, dass man wieder etwas Antrieb hat und sich wohler fühlt.
Ursula Gast und Klaus Innasch beschreiben in ihrem Buch „Trauern mit Leib und Seele“ was in unserem Gehirn genau passiert wenn wir trauern. Ich wünschte, ich hätte dieses Wissen damals schon gehabt. Ich bin mir sicher es hätte mir sehr geholfen mich und meine Gefühle besser zu verstehen. Deshalb möchte ich jedem Trauernden, der sich selbst besser verstehen möchte, empfehlen das ganze Buch zu lesen.